Um
10 Uhr werde ich erwartet. Mein Weg führt mich heute nach Wegscheid/Hanging an
der deutsch-österreichischen Grenze. Der meist frequentierte Grenzübergang im
Umkreis Passaus. Alles ist schon mehrere hundert Meter vor dem Lager abgesperrt
und mit reichlich Polizei abgesichert. Mein Auto wird zweimal an der jeweils
nächsten Polizeikontrolle per Walkie-Talkie angekündigt und ich rolle im
Schritttempo in Richtung der sich vor mir auftürmenden Zeltlandschaft.
Als
erstes werde ich im Kleiderzelt gebraucht. Ein Zelt ist für die
Erwachsenenkleidung, ein kleinerer Container für die Kindersachen und einer für
Schuhe vorgesehen. Es wird langsam kalt bei uns und deshalb greifen die
Menschen auch zuerst zu den dicken Jacken und Pullis. Doch die Strapazen der
letzten Wochen und Monate haben die Geflüchteten dünn werden lassen und gerade
die Männer haben Schwierigkeiten in der Auswahl an XL oder XXL etwas Passendes
zu finden. Alle sehen es mit Humor. Einer sagt zu mir gewandt, „Germany, they
are biiiig“, und lacht. Ich muss auch lachen und denke sofort an eine gesellige
Wirtshausstube mit Bier, Schweinshax’n und Knödl. Ja, dem ein oder anderen
würde ein Bierbauch bestimmt gut stehen. Etwas zieht an meinem Jackenärmel und
ich höre ein „Sorry Ma’m, shoes please?“ Ich sehe an ihm hinunter. Mich
schüttelt es alleine beim hinsehen - der arme Kerl trägt durchgelaufene
Flip-Flops. Und ich stehe da mit zwei Pullis, Jacke, Schal, Jeans und
Winterstiefel... Der Schuhcontainer gab leider nicht allzu viel her, da, laut
einer weiteren Helferin, dieser junge Mann nicht der Einzige sei, der
seine Flucht in Flip Flops antreten musste. Gängige Schuhgrößen für Männer
waren alle vergriffen. Ähnlich geht es die nächsten zwei Stunden weiter.
Männer, Frauen, und dutzende kleine Kinder bis hin zu Neugeborenen brauchen
neue und warme Kleidung. Es wird angezogen, ausgezogen, anprobiert und gerade
die Kleinsten tragen oftmals vor Dreck starrende Klamotten und ich bin
richtig erleichtert ihnen frische Sachen anziehen zu können...
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